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Wie schön war's – wie schön wär's

Wie schön war's – wie schön wär's

 

Anmeldung und rein ins Vergnügen heisst es auf dem Campingplatz. Jeder hat seinen Platz. Kein Zaun trennt uns voneinander. Für alle ist Strom da. Interessiert schauen die alteingesessenen Nachbarn was die Neuen so mitbringen. Bescheiden kommt ein 25 Jahre altes selbst gebautes Campingmobil heran. Gelacht wird nicht, allenfalls geschmunzelt: Ach schön war's damals in der Jugend! Ein ausgewachsener Bus mit allem Pipapo steht in Reichweite: Satellitenschüssel auf dem Dach, Vorzelt und Campingstühle vom Feinsten. Die Markenfahrräder sorgen ebenso wie der kleine Smart auf dem extra Hänger oder das fette Boot für extra gute Mobilität. Da ist richtig Geld da. Na und? Camper sind ziemlich gleich mit der Suche nach möglichst viel Unabhängigkeit und relativer Freiheit. Schnell sind die Vorurteile vergessen, kommt Mann und Frau ins Gespräch vom oder zum Sanitärtrakt: Ein „Moin“ geht immer. Sitzt man draussen wird man gesehen. Leckere Düfte erzählen vom unterschiedlichen Geschmack. Selbstgebackener Kuchen wird rübergereicht. Wenn dann doch mal ein grösserer Fisch an der Angel war, dann würde es auch für mehr Leute reichen. Bis dahin wird gemensam geträumt. Und wenn der eine Nachbar eine Aufbauhilfe braucht, dann sind Zehn zur Stelle. Drinnen herrscht nicht leichtfertig zu störende Gemütlichkeit. Und dann kann der Regen auf das Dach trommeln. Hauptsache morgens wieder halbwegs trocken, wenn Sie schon mal im Schlafdress die Zähne auf dem Weg putzt und Er missmutig mit dem Hund Gassi gehen muss. Hier bin ich Mensch. Hier darf ich sein, ob Wessi oder Ossi, mit Down.Syndrom, hetero, schwul oder lesbisch orientiert-na und? Camper sind eine Gemeinschaft. Die Schranke bleibt mittags zu und nach 22.00 Uhr gibt es keinen extra Lärm, allenfalls singt Jens zu seiner Gitarre in der Zeltplatzkneipe: Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein... Der Himmel ist nah, die Erde trägt den Barfuss und der See erfrischt. Wie schön war's!

Alles hat ein Ende... Zurück im Alltag wird es mühsam. Zäune und Mauern trennen. Ein Gruß auf der Straße, besonders Fremden gegenüber, ist selten. Jeder macht seins. Der Kuchen oder der Grill der Nachbarn sind unerreichbar. Die Neugier auf den Anderen ist überdeckt von Missgunst, Argwohn oder Neid. Die Arbeit frisst und nervt. Ach wär die Welt ein riesengroßer Zeltplatz!

„Wenn wir in Frieden beieinander wohnten, Gebeugte stärkten und die Schwachen schonten...“ heisst es in einem Kirchenlied. Oder: „Die Kraniche fliegen im Keil, so trotzen sie besser den Winden...“ Dann würden wir unserer menschlichen Bestimmung zur Gemeinschaft gerechter werden und Gott Vater oder Mutter hätte sein und ihr Gefallen an uns Menschenkindern.  

Schön wär's so. Na klar: Urlaub ist Urlaub. Arbeit ist Arbeit. Doch auch Dauercamper arbeiten und Berufstätige pflegen  gute Nachbarschaft. Und der Zaun ist keine vermiente Staatsgrenze.